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«Als Fulehung sollte man sportlich sein»

«Als Fulehung sollte man sportlich sein»

Thuner Volksfest
Von Sonntag bis Dienstag findet in Thun wieder der alljährliche Ausschiesset statt. Beim Thuner Volksfest darf der Fulehung natürlich nicht fehlen. BärnToday hat mit ihm gesprochen und ihn gefragt, wie man Fulehung wird, wie er sich jeweils vorbereitet und ob er schon einmal angegriffen wurde.
Publiziert am So 24. Sep. 2023 09:10 Uhr
© KEYSTONE/Peter Schneider
- Fulehung Thun

BärnToday: Wie wird man Fulehung?

Fulehung: Eigentlich müsste man die Frage an die Kommission weitergeben, welche das Auswahlverfahren gemacht hat. Ich glaube, man muss in den Kadetten gewesen sein. Das Alter muss sicher einigermassen stimmen – es bringt nichts, einen 35-Jährigen zu nehmen, wenn man möchte, dass er etwa zehn Jahre Fulehung bleibt. 24 oder 25 Jahre wäre sicher ein optimales Alter. Und sportlich sollte man sein.

Wie sportlich sind Sie?

Ich komme aus dem Laufsport, ich bike und mache im Winter Langlauf. So mache ich das ganze Jahr hindurch Sport und bereite mich so vor.

Können Sie etwas zu Ihrem eigenen Alter sagen?

Das bleibt geheim.

Was wird am kommenden Montag für Sie als Fulehung die grösste Herausforderung sein?

Meine Nervosität von Sonntag auf Montag wird sehr hoch sein. Die Anspannung steigt immer mehr und deswegen bin ich froh, wenn ich dann am Montag um 5 Uhr in die Leute raus darf. Dann legt sich die Nervosität und es läuft alles ohne Hindernisse.

Wie sieht Ihr Programm am Montag aus?

Ich erscheine morgens um 5 Uhr auf dem Rathausplatz. Dieser ist voll mit Leuten. Dann bin ich zuerst dort unterwegs und später gibt es eine Tagwache. Um 7.30 Uhr gibt es eine Fahnenübergabe auf dem Rathausplatz und dann ein Umzug. Und danach werfe ich bei Restaurants in der Innenstadt den ganzen Tag Süssigkeiten aus dem Fenster.

Der Fulehung ist ja nicht der Netteste. Ist er auch schon einmal angegriffen worden?

Ja, der Fulehung ist nicht der Netteste, aber er verteilt nach den Schlägen ja auch Süssigkeiten. Es gibt Leute, die mal an der Maske oder am Sack ziehen oder mir einen Haken stellen – aber sie probieren es nur einmal – dann bekommen sie halt das Schyt etwas mehr zu spüren.

Im Video siehst du, wie der Fulehung letztes Jahr mit Söiblattere und Schyt unterwegs war:

© BärnToday

Also gibt es Leute, die versuchen, den Fulehung zu entlarven?

Nein, das nicht. Sie wollen meinen Kopf nach hinten ziehen. Die Maske ausziehen wollte mir noch nie jemand.

Gibt es Menschengruppen, die sich mehr vor Ihnen fürchten müssen als andere?

Nein, eigentlich nicht. Es passiert automatisch, dass manche mehr Angst haben als andere. Oftmals Kinder, aber es gibt auch Erwachsene, die unter den Tisch kriechen, wenn ich einen Raum betrete. Es muss sich aber niemand speziell fürchten, weil ich etwas gegen sie hätte – ich versuche da neutral zu sein.

Gibt es schöne Erinnerungen als Fulehung, die Ihnen besonders geblieben sind?

Seit 2007 gibt es natürlich etliche Erlebnisse. Manchmal kommen kleine Kinder, die mir ein Nägeli schenken wollen, sie dürfen mir das dann anstecken, damit ich eine Blume trage. Manchmal stehen Leute hin und sagen: «Kannst du mich mit der Söiblattere schlagen?» Manchmal schenken mir Kinder auch Zeichnungen. Das sind viele Erlebnisse, da könnte ich jetzt erzählen und erzählen, das hätte vermutlich nie ein Ende.

Haben Sie einen Trick, damit Sie am Montag nicht müde werden?

Der Trick ist, dass ich es mir nicht anmerken lasse. Zwischendurch kann ich vielleicht ein bisschen «bschisse», indem ich kurz anhalte und mit einem Kind rede, und diesem ein Täfeli schenke, damit ich dreissig Sekunden verschnaufen kann, bevor es weitergeht.

Das sagte Thuns Stadtpräsident Raphael Lanz am letzten Fulehung:

© BärnToday: Anissa Perumbuli

Darf der Fulehung heute noch gleich weit gehen wie vor 15 Jahren?

Ich habe nicht das Gefühl, dass es anders ist. Ich habe auch keine Auflagen bekommen, die ich vor 15 Jahren noch nicht hatte. Für mich ist es eigentlich gleich geblieben.

Und es ist auch kein Problem, wenn Sie mal jemandem zu nahe kommen?

Nein, an diesen Tagen ist Ausnahmezustand in Thun. Die Leute, die in die Stadt kommen, wissen das. Wenn ich halt jemandem mal die Brille von der Nase schlage, weil ich unter der Maske nicht alles sehen kann, dann entschuldige ich mich und finden wir eine Lösung. Wirkliche Probleme gab es noch nie.

Bereiten Sie sich noch speziell vor?

Mir geht noch viel durch den Kopf. Ich gehe schon noch joggen und mache Krafttraining – und momentan bin ich gerade im Sportgeschäft und kaufe mir noch ein paar Laufschuhe fürs gute Gefühl.

Noch eine letzte Frage, damit Sie nachher in Ruhe Ihre Sportschuhe kaufen können. Warum wird der Fulehung eigentlich jedes Jahr durch Thun gejagt?

Die Thuner haben bei der Schlacht von Murten den Fulehung, einen Hofnarren, erobert, und ihn nach Thun zurückgenommen. Weil die Thuner bei der Schlacht verspottet wurden, haben sie den Fulehung später durch die Gassen gejagt, bis er nicht mehr konnte. Heute macht der Fulehung eigentlich den Kadetten bei den Umzügen den Weg durch die Gassen von Thun frei.

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    #Thun#Tradition#Brauchtum
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